Еврейские судьбы: Двенадцать портретов на фоне еврейской иммиграции во Фрайбург - [4]

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…Am 13. Dezember 1990 stand plötzlich eine 4-köpfige Familie aus Russland vor der Synagogentür. Das waren Vadim Hersonski, seine Ehefrau und ihre zwei Kinder – der Sohn und die Tochter. Sie waren ursprünglich bei einer deutschen Familie in Emmendingen-Wasser zu Gast gewesen, im Austausch zu einem deutschen Besuch in Moskau. Nun sind sie hier und wollen keinesfalls zurück in die UdSSR, wo Antisemitismus und Vorpogromstimmungen gerade angeheizt werden.

Dieser Vorfall, der sich Teschemachers Gedächtnis so einprägte (siehe die das Buch eröffnende Skizze über ihn) war eigentlich die erste Kontaktaufnahme des – noch nicht einmal postsowjetischen, sondern sowjetischen – Judentums mit den Freiburger Juden. Die Kontaktaufnahme, die dazu führte, dass sich zu den ersten Dutzenden der Mitglieder, die damals in den deutschen jüdischen Gemeinden registriert waren, noch über 200 Tausend ehemalige sowjetische Juden zugesellten.

Es wurden die grundlegenden Einwanderungsbestimmungen entwickelt, die relativ gesehen die sowjetischen und postsowjetischen Juden nach dem Einwanderungsstatus den sogenannten «Kontingentflüchtlingen» gleich setzten. Mit der Zuwanderung nach Deutschland von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion wuchs nicht nur die Mitgliederanzahl der Gemeinden, sondern die Anzahl der Gemeinden selbst: Es wurden sowohl neue orthodoxe als auch liberalen und Chabad-Gemeinden gegründet. Die Zahl der Einwanderer belief sich auf 205.700 Personen im Spitzenjahr 2005, dabei wurden 107.700 als Mitglieder bei den Gemeinden angemeldet.

In den Jahren 2005–2006, als die jüdische Einwanderung nach Deutschland genau sein 15-jähriges Jubiläum zu feiern schien, gab es eine Änderung in den Trends und die Zahlen gingen langsam, aber sich beschleunigend, nach unten. In der ersten Linie war das mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes verbunden. Ein Bestandteil dieses Gesetzes betraf die Juden aus der ehemaligen Sowjetunion: Statt «Kontingentflüchtlinge», wurden sie nun «jüdische Einwanderer» genannt. Aber die Veränderung betraf nicht nur die Bezeichnung. Der neue Status stoppte fast die ganze Einwanderung, brachte sie zum Minimalwert. 2015 sank die Gesamtmitgliederzahl der jüdischen Gemeinden in Deutschland unter 100.000 und belief sich auf 99.700 Personen, was dem Stand von Mitte 2003 sich gleicht.

1990 zählte man in Freiburg 201 Personen als Mitglieder. Den Höhepunkt erreichte die Mitgliederzahl in Freiburg wie auch in ganz Deutschland 2005: Damals hatte die Freiburger Gemeinde 738 Mitglieder. Schon 2015 sank wieder die Zahl auf 592 Menschen, was ein Viertel weniger ist als 2005.

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2015–2016 (je nachdem, wie man den Beginn definiert) sind es 25 Jahre des offiziellen Beginns der jüdischen Migration nach Deutschland aus der UdSSR und den postsowjetischen Ländern, vor allem aus der Ukraine und Russland. Die Geschichte dieser Migrationswelle, die für die UdSSR die letzte war, ist noch nicht geschrieben.

Die Dokumentenbasis einer solchen Studie muss facettenreich und umfassend sein. Neben diversen amtlichen und nicht amtlichen Dokumenten und Statistiken, neben soziologischen Ausführungen und Medienveröffentlichungen müssen auch sogenannte Ego-Dokumente – Tagebücher, Erinnerungen und Interviews derjenigen, um die es sich eigentlich handelt, d. h. jüdischer Auswanderer – einen würdigen Platz darin einnehmen. Die Aktualität der Frage wird noch dadurch verstärkt, dass die meisten Migranten der ersten Generation schon im hohen Alter sind.

Zugleich sind das Menschen mit garantiert spannenden Schicksalen, die unmittelbaren Nachkommen, Geschichtswissenschaftlern und einfachen Lesern erzählt werden wollen. Da Einwanderer exzellent ausgebildet sind und über eine gewisse Menge an Freizeit verfügen, kann man durchaus damit rechnen, dass sie bereit wären, die Peripetien ihres eigenen Lebens bzw. des Lebens ihrer Väter und Großväter zu beschreiben.

Und gerade damit rechnete ich, als ich vorschlug, ein entsprechendes Pilotprojekt in der Israelitischen Gemeinde Freiburg zu starten. Der Gemeindevorstand zeigte Verständnis und erklärte sich bereit, diese Idee zu unterstützen. Im Endergebnis erhielten die Gemeindemitglieder zusammen mit einem der Rundbriefe folgenden Text (hier gekürzt):

«OHNE MICH IST DAS VOLK NICHT VOLLSTÄNDIG!»
KOLLEKTIVES JÜDISCHES GEDÄCHTNISARCHIV

«Ohne mich ist das Volk nicht vollständig!»

(A. Platonow)


«Jeder bzw. jede von Ihnen lebt in Deutschland sein bzw. ihr nicht gerade einfaches, jedoch einzigartiges, ereignis – und erlebnisreiches Leben, wo auch immer es begonnen haben mag… Sowohl hier und heute als auch dort und damals war Ihr Leben und das Leben ihrer Eltern und anderer Vorfahren voller Ereignisse, die sowohl vom Standpunkt Ihres persönlichen Lebenslaufes als auch vom geschichtlichen Standpunkt aus von Interesse sind. Ihre individuellen Schicksale fügen sich zur allgemeinen Geschichte – der Geschichte des Judentums und der Menschheit – zusammen.

Mit diesem Brief leitet die Gemeinde Freiburg ein Projekt zum Aufbau unseres kollektiven historischen Gedächtnisarchivs ein. Wir rufen Sie auf, etwas Zeit und Seelenkraft zu finden, um sich gedanklich in die Vergangenheit zu begeben, Hefte aufzuschlagen oder PCs einzuschalten und Ihre Familienchroniken zu erstellen. Sollten Sie dabei auf technische Schwierigkeiten stoßen, werden wir alles Mögliche tun, um Sie bei ihrer Behebung zu unterstützen.


Еще от автора Павел Маркович Полян
Жизнь и смерть в Аушвицком аду

Члены «зондеркоммандо», которым посвящена эта книга, это вспомогательные рабочие бригад в Аушвице-Биркенау, которых нацисты составляли почти исключительно из евреев, заставляя их ассистировать себе в массовом конвейерном убийстве десятков и сотен тысяч других людей, — как евреев, так и неевреев, — в газовых камерах, в кремации их трупов и в утилизации их пепла, золотых зубов и женских волос. То, что они уцелеют и переживут Шоа, нацисты не могли себе и представить. Тем не менее около 110 человек из примерно 2200 уцелели, а несколько десятков из них или написали о пережитом сами, или дали подробные интервью.


Обреченные погибнуть. Судьба советских военнопленных-евреев во Второй мировой войне

Плен — всегда трагедия, но во время Второй мировой была одна категория пленных, подлежавшая безоговорочному уничтожению по национальному признаку: пленные евреи поголовно обрекались на смерть. И только немногие из них чудом смогли уцелеть, скрыв свое еврейство и взяв себе вымышленные или чужие имена и фамилии, но жили под вечным страхом «разоблачения».В этой книге советские военнопленные-евреи, уцелевшие в войне с фашизмом, рассказывают о своей трагической судьбе — о своих товарищах и спасителях, о своих предателях и убийцах.


Свитки из пепла

Члены «зондеркоммандо», которым посвящена эта книга, суть вспомогательные рабочие бригад, составленных почти исключительно из евреев, которых нацисты понуждали ассистировать себе в массовом конвейерном убийстве сотен тысяч других людей – как евреев, так и неевреев. Около ста человек из двух тысяч уцелели, а несколько десятков из них написали о пережитом (либо дали подробное интервью). Но и погибшие оставили после себя письменные свидетельства, и часть из них была обнаружена после окончания войны в земле близ крематория Аушивца-Освенцима.Композиция книги двухчастна.


Воспоминания еврея-красноармейца

Книга «Воспоминания еврея-красноармейца» состоит из двух частей. Первая — это, собственно, воспоминания одного из советских военнопленных еврейской национальности. Сам автор, Леонид Исаакович Котляр, озаглавил их «Моя солдатская судьба (Свидетельство суровой эпохи)».Его судьба сложилась удивительно, почти неправдоподобно. Киевский мальчик девятнадцати лет с ярко выраженной еврейской внешностью в июле 1941 года ушел добровольцем на фронт, а через два месяца попал в плен к фашистам. Он прошел через лагеря для военнопленных, жил на территории оккупированной немцами Украины, был увезен в Германию в качестве остарбайтера, несколько раз подвергался всяческим проверкам и, скрывая на протяжении трех с половиной лет свою национальность, каким-то чудом остался в живых.


Историомор, или Трепанация памяти. Битвы за правду о ГУЛАГе, депортациях, войне и Холокосте

В новой книге Павла Поляна собраны работы о соотношении памяти и беспамятства, политики и истории: проблематика, которая, увы, не перестает быть актуальной. «Историомор» – неологизм и метафора – это торжество политики, пропаганды и антиисторизма (беспамятства) над собственно историей, памятью и правдой. Его основные проявления очевидны: табуизирование тем и источников («Не сметь!»), фальсификация и мифологизация эмпирики («В некотором царстве, в некотором государстве…») и отрицание, или релятивизация, установленной фактографии («Тень на плетень!»).